Glen Morgan verläßt Bionic Woman
So lautete vor kurzem eine Meldung bei den einschlägigen Internetnachrichtendiensten (z.B. den Serienjunkies). Eine lapidare Meldung, die das Drama dieses Voranges keinsfalls ausreichend beleuchtet. Glen Morgan verläßt Bionic Woman - verdammt!.
Glen Morgan ist sehr stark dafür mitverantwortlich, dass ich heute ein großer Fan von Fernsehserien bin - und jetzt verläßt der einfach sein erstes Serienprojekt seit Jahren! Nochmal Verdammt!
Um meinen Frust zu erklären, muss ich ein bisschen ausholen. Weil die meisten haben keine Ahnung, wer Glen Morgan eigentlich ist, stimmts? Zu beginn von Akte X (also 1993) gehörte Wong zum Stab der Serie. Böse Zungen behaupten, sich mit genialen Leuten zu umgeben, sei die letzte kluge Idee des Schöpfers von Akte X (Chris Carter) gewesen - die so ziemlich allerletzte kluge Idee, überhaupt! Morgan arbeitete seit seinem Beginn im Fernsehgeschäft James Wong zusammen. Zusammen hatten beide schon für verschiedene Serien gearbeitet, unter anderem bei 21 Jump Street. Dabei hatte Morgan immer mehr den Drehbuchautoren/Produzent gegeben und Wong die Regie übernommen.
Bei Akte X zeichnete das Duo dem Vernehmen nach für viele Elemente verantwortlich, die maßgeblich zum Erfolg der Serie beitrugen: sie entwickelten den Hintergrund um Scullys Familie und vor allem Die Einsamen Schützen. Ihre Befähigung blieb dem Sender nicht verborgen, so dass die beiden Jugendfreunde schließlich ihre eigene Serie entwickeln durften: Space 2063 (Space: Above and Beyond). Es entstand eine tolle Serie, die ihrer Zeit eigentlich voraus war und schließlich als Opfer ihrer Zeit nach nur einer Staffel mit einem eher unglücklichen Ende abgesetzt wurde. Heute gillt sie vielen Fans als Schmuckstück der Fernseh Sci-Fi, das einem bei jedem neuen Sehen mehr Herz wächst (ein Eindruck, den ich bestätigen kann- four and counting). Neben der Prämisse einer SciFi-Militärserie mit Mystery-Elementen zu sein, brachen vor allem die hohen Produktionskosten und die dafür im Vergleich (leider) Lächerlichen CGI-Effekte - wenige Jahre später war die Technik schon deutlich weiter - der Serie das Genick.
Aber den Sender (in diesem Fall FOX) hielt auch weiter an dem Duo Morgan/Wong fest und übertrug ihnen die Aufgabe, die von Chris Carter entworfene (und inhaltlich an die Wand gefahrene) Serie MillenniuM in die zweite Staffel zu führen. Morgan und Wong entwickelten die Serie zum wohl ersten (und für lange Zeit mit Abstand besten) Mystery-Serial. Doch am Ende der zweiten Staffel stand auch hier wieder der Abschied der beiden, wiederum mit einem eher unbefriedigenden Ende. Die neuen Produzenten der dritten Staffel ignorierten das hochdramatische Finale der zweiten Staffel weitestgehend und entwickelten die Serie wiederum quasi neu - weitestgehend boring-style1.
Es folgte ein weiteres Gastspiel bei Akte X mit einigen Episoden in der vierten Staffel (z.B. Musings of a Cigarette Smoking Man und Never again), die aber nun mehr nicht mehr so ganz in die Serie passten (wobei die Fragen offen bleibt, ob die Episoden besser in die Serie eingepaßt hätten werden sollen, oder die Serie sich besser so entwickelt hätte, dass genau solche Episoden dort noch einen Platz hätten).
Wie viele andere kreative Masterminds hatten die beiden Filmschaffenden offensichtlich genug davon, dass ihre Arbeit beim Fernsehn nur bedingte Würdigung erfuhr und sie sich jedes Jahr auf ein neues Projekt einlassen mußten. So wechselten sie ins Filmgeschäft und zeichneten für den Horror-Film Final Destination verantwortlich, der recht erfolgreich war.
Es folgte noch ein kurzes Gastspiel im Fernsehen: für NBC schufen die beiden eine Serie namens The Others - eine Serie, von der ich leider noch keine Minute gesehen habe, auf deren DVD-Veröffentlichung ich ganz irrational hoffe und die darum für mich so eine Art heiliger Gral ist: mystisch, aber bestimmt jede Anstrengung wert ...
Aber auch hier gab es nur eine kurze Lebensdauer, die Mid-Season Serie galt nach ihren 13 Episoden qusi schon als offiziell verlängert, als NBC doch nochmal kurzfristig vor den damaligen Upfronts sein Programm umschmiss (und dabei hauptsächlich den ganzen Abend mit den Lead-Ins Pretender und Profiler kippte).
Seit 2000 arbeiteten Wong und Morgan also nicht mehr für das Fernsehen, sondern machten nur vereinzelt Filme. Leider fehlte ihnen ein richtig guter Ruf. Deswegen konnten sie - im Gegensatz zu anderen Fernseh-Masterminds, die sich ins Kino zurückgezogen haben (Joss Whedon, J. J. Abrams) - keine sonderlich tollen Projekte an Land ziehen und dümpelten beruflich gesehen so vor sich hin.
Jetzt endlich sollte es also ein neues Projekt von meinem Helden geben. Ich war schon in solch einer gespannten-freudigen Erwartung. Die Namen Whedon und Abrams habe ich oben in vollem Bewustsein erwähnt, nur um den nachwachsenden Jahrgängen zu vermitteln, was ich auf den Mann halte.
Und die lapidaren Worte der Presse (ich zitiere hier Quotenmeter): Laut "TV Guide" hat nun der Showrunner Glen Morgen, der auch schon für «Akte X» verantwortlich war, das Handtuch geworfen. Der Mann hat soviel mehr auf dem Kasten und unter dem Gürtel ...
In related news: Die Serie Bionic Woman hat sicherlich das Zeug, als die kaputtgedoktorte Serie dieses Herbstes in die Geschichtsbücher (= die Weblogs von uns Seriengeeks) einzugehen. Zuviel personelle Veränderungen (recast in der Pilotfolge, Showrunner Wechsel, Aufnahme des gefallenen Isaiah Washington ...).
Ich fühle mich irgendwie - mal wieder - um ein ganz großes Fernseh-Ereignis betrogen.
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1: Die dritte Staffel von MillenniuM ist für sich genommen sicherlich besser als ihr Ruf - aber im Vergleich zur in der zweiten Staffel aufgebauten Mystery eben eher schwach. Punkt.
Labels: Musings
2 Kommentare:
Den Pilot von BW fand ich nett, aber ich hatte (noch?) nicht das Gefühl, es könne ein großes Fernseh-Ereignis werden. Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem großen Ereignis wird, ist nunmehr noch weiter gesunken, aber mal abwarten...
Die große Stärke von Morgan vermute ich auch eher in der Entwicklung. Gut, er hat seine letzten Serienarbeiten abgeliefert, als mäßige erste sechs Episoden fast noch zum guten Ton gehörten. Deswegen hätte ich gerne gesehen, was daraus wird.
Zudem war ich vorletzte Season sehr enttäuscht von Commander in Chief, wo ich den Aufbau nach sechs Episoden toll fand, aber ein Showrunnerwechsel hat so ziemlich alles kapput gehauen ...
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