Couch Potato

Wenn ich schon einen großen Teil meiner Freizeit auf der Couch vor dem Small Screen verbringe, dann lohnt sich dafür ein eigenes Blog. Ich gehörte schon immer zu denjenigen, die Fernsehen als legitimes Hobby betrachteten

Bitte beachtet auch die Hinweise zum Ungang mit Spoilern hier im Blog!
Wer sich fragt, nach welchen Maßstäben ich meine Bewertungen vergebe, kann das hier nachlesen


19 Februar 2006

Review: The Shield

Handlungsort von The Shield ist der fiktive Stadtteil Farmington von Los Angeles. Dort hat die Bandenkriminalität Überhand genommen. Die Stadt hat daher beschlossen, ein neues Polizeirevier zu schaffen - genannt "The Barn" (engl.: der Stall, die Scheune). Als Gebäude dient eine alte, verlassene Kirche. In diesem neuen Polizeirevier werden einige ungewöhnliche Ansätze ausprobiert. Dazu gehört das Strike Team, das von Vic Mackey geführt wird. Diese kleine Gruppe von vier Detectives soll ein besonderes Auge auf die Bandenaktivitäten haben. Dazu organisieren sie gelegentlich Hausstürmungen und ähnliches. Das Problem. Vic und seine Leute sind korrupt ...
The Shield ist eine von starken Charakteren geprägte Serie. Da die Hauptfiguren korrupte Polizisten sind, steht die Serie natürlich in den USA in der Kritik. Zudem läuft sie auf dem Kabelsender F/X, so dass die Darstellungen von Bandenkriminalität - aber auch Polizeigewalt - extrem sein können. Eines der treibenden Momente der Serie ist die beständige Gradwanderung von Mackey und den anderen Polizisten zwischen Recht, Gesetz, Gerechtigkeit und Mauschelein, um sich gegenseitig den Rücken frei zu halten ...

Hintergrund: The Shield vereint die besten Teile von spanungsgeladenen Action-Dramaserien wie 24 und Charakterdramen wie Lost. Den Mackey und sein Team sind quasi Doppelagenten - ihre Umgebung darf nicht erfahren, was sie wirklich tun. Zudem müssen sie einerseits Erfolge in der Verbrecherjagd vorweise, sind diesen jedoch teilweise verpflichtet.
Das Strike Team wird geleitet von Vic Mackey. Er ist verheiratet, ein guter Familienvater - aber ein miserabler Ehemann. Zudem hat eingesehen, dass man dem Verbrechen nicht Herr werden kann - und schon gar nicht für die offizielle Bezahlung. Immer wird es Drogensüchtige geben, daher auch Drogenverkäufer - und die werden blutig um die Vorherrschaft und Marktanteile kämpfen. Daher hat Mackey einen anderen Weg eingeschlagen. Er favorisiert einen Bandenboss. Von dem erhält er Informationen und Geld für einen Rentenfonds für sich und sein Team. Zugleich versucht er, den Bandenboss zu kontrollieren und ihn von den übelsten Taten (z.B. Dealen an Schulen) abzuhalten. Das System funktioniert, da beide Seite profitieren.
Neben Mackey gehört Shane Vendrell - Vics ehemaliger Partner - dem Strike Team an. Shane ist aufbrausend, und ihm fehlt die diplomatische Intelligenz von Vic. Das Strike Team wird von Ronnie Gardocki und Curtis "Lemonhead" Lemansky vervollständigt. Beide haben Vic als Anführer anerkannt und folgen seinem Beispiel.
The Barn wird geführt vom Captain David Aceveda, einem Latino mit politischen Ambitionen. Aufgrund seiner Ambitionen muß dieses Polizeiexperiment erfolgreich werden - was ihn nicht selten zu Kompromissen mit Vic zwingt, obwohl er diesen der Korruption verdächtigt und seine Arbeitsweise komplett ablehnt.
Claudette Wyms und Holland "Dutch" Wagenbach sind zwei Detectives in The Barn. Claudette ist eine erfahren Frau, geschieden und 'zu ihrer Zeit' eine der ersten farbigen Detectives von Los Angeles. Sie besitzt einen strengen moralischen Kompass. Vics Strike Team ist ihr suspekt, aber in die Arbeit von Kollegen mischt sie sich nur ungern ein. Ihr Partern Dutch ist ein ehrgeiziger jüngerer Detective (das heißt Mitte 30). Sein Wissen in abnormaler Psychologie erweist sich oft als Boomerang, denn seine Ausführungen machen ihn häufig zu einer Lachnummer. Seine Übereifrigkeit und ein Hang zur Überheblichkeit sind da nicht hilfreich. Zudem ist er bei Frauen wenig erfolgreich.
Danielle "Danny" Sofer und Julien Lowe repräsentieren die Streifenpolizisten des Reviers. Dabei ist Danny die erfahrenere, die Julien unterweist. Danny weiß, wie sie ihre Arbeit zu erledigen hat und wie sie zu Ergebnissen kommt. Julien hingegen ist ein junger afro-amerikanischer Mann mit einem starken Sinn für Moral. Er ist religiös. Sein Problem: er hat homosexuelle Gefühle - die er mit seinem Bild von sich selbst nicht in Einklang bringen kann ...
Das Ganze wird komplettiert von Vics Familie: seiner Frau Corrinne - eine ehemaligen Krankenschwester - und seinen drei Pre-Teen Kindern. Vics mittleres Kind erweist sich zu Beginn der Serie als an Autismus erkrankt - was für Vic weitere finanzielle Belastungen bedeutet.
Auch wenn Vic häufig im Mittelpunkt der Handlung steht, so handelt es sich bei The Shield doch deutlich um ein Ensemble-Drama, in dem jede Hauptfigur ausreichend Screentime hat. Die Genalität der Serie liegt darin, dass jeder seine eigenen Vorstellungen von der Welt hat, und wie er sie in seiner Rolle als Polizist gestalten will - doch alle müssen Kompromisse eingehen ...

Schauspieler und Kreative: Fast alle Namen haben erst durch diese Serie einen helleren Klang bekommen. Michael Chiklis konnte durch diese Rolle einen Part im Film Fantastic Four ergattern. Der Serien-Schöpfer ist Shawn Ryan. Dessen Frau Cathy Cahlin Ryan spielt Vics Frau Corinne. Cathy ist wohl auch schon vor den Dreharbeiten eng mit Chiklis Ehefrau befreundet gewesen. Chiklis eigene Tochter spielt auch Vics ältste Tochter.
In späteren Staffeln haben die bekannten Schauspieler Glenn Close und später Forest Whitaker Hauptrollen. Besonders erfreulich: ab der vierten Staffel stößt David Marciano (Det. Ray Vecchio aus Ein Mountie in Chicago bzw. Ausgerechnet Chicago) als wiederkehrender Nebendarsteller zur Serie - wiederum in der Rolle eines Detectives in The Barn.

Bewertung: Die Serie ist extrem gut gemacht, extrem gut gespielt und extrem Süchtig machend. Da die Staffeln - wie für US-Kabelsender Produktionen üblich - mit um die 13 Folgen eher kurz gehalten sind, ist eine schnörkelfreie und ballaststoffarme Konzentration auf das wesentliche möglich. Besonderes Schmankerl sind die häufig wechselnden Zweckbündnisse und die immer wieder aufflakernden persönlichen Meinungsverschiedenheiten. Die tägliche Polizeiarbeit sorgt für eine immer spannende und actiongeladene Umgebung. Die Hauptcharaktere werden facettenreich präsentiert.
Problematisch ist ein bisschen die Darstellung der Gewalt - körperlich, teilweise aber auch sexuell. Da geht es bisweilen extem zur Sache. Menschen werden totgeprügelt, bedeutungsschwer inszenierte Gang-Hinrichtungen sind nicht selten und Folter spielt häufi eine Rolle. Sicherlich nicht jedermanns Sache.

Bemerkungen: Auch, wenn es aus meinen bisherigen Ausführungen nicht klar durchscheint: Vic ist weitestgehend sympatisch. Er sorgt sich um seine Famlie. Er legt einen Rentenfonds für sich und seine Kollegen an: er will nicht mit dem Geld prassen, sondern sich dereinst 'zur Ruhe setzen' können, ohne die finaziellen Probleme, die Polizisten a.D. in den USA normalerweise haben. Er kümmert sich um 'Opfer'. Er sorgt mit seinen unrechtmäßigen Methoden dafür, dass bekannte Schwerverbrecher dingfest gemacht werden. Aber er ist auch ein untreuer Ehemann ...
In den USA läuft mittlerweile die fünfte (und wohl auch letzte) Staffel. Die Staffeln 1-4 sind dort bereits auf DVD erschienen. In Deutschland hat Pro7 die Serie mal in der Sommerpause Mittwochs auf dem TV-Total Sendeplatz laufen lassen, allerdings mit wenig Erfolg. Staffel 1 ist mit umfangreichem Bonusmaterial als DVD veröffentlicht.
Die Episode 2x09, Co-Pilot, ist ein Rückblick auf den ersten Arbeitstag in The Barn. Während die erste Folge der ersten Staffel zu einer Zeit einsetzt, da die Grundlegenden Verhältnisse zwischen den Charakteren schon geklärt sind, wird hier dagelegt, wie diese sich entwickelten.
Letztendlich ist diese Serie ein gelungenes Kondensat von 24: die Handlung ist straffer, immer noch actionreich, die Charaktere sind ähnlich Facettenreich, aber die Bedrohungen sind weniger globaler Natur sondern persönlicher und subtiler - aber immer noch bedrohlich genug, um Spannung erfolgreich aufzubauen.
Das die Serie ein besonderes Schmuckstück ist, läßt sich auch an den mehrfachen Emmy und Golden Globe-Nominierungen erkennen.
Einzig der Cliffhanger der Pilotepisode bereitet die ganze Serie über Probleme (Acceveda hat einen fünften polizisten im strik Team plaziert, der Vics Korruption aufdecken soll; bei einer Hausstürmung erschießt Vic diesen 'Verräter' mit der Waffe eines der getöteten Verbrechers). Sicherlich geschaffen, um den Piloten mit einem gehörigen Knall zu versehen - aber meiner Meinung nach paßt das trotzdem nicht ganz zu den im folgenden etablierten Charakteren.

[Momentan in Winamp: Redd Cross - Yesterday Once More ]