Couch Potato

Wenn ich schon einen großen Teil meiner Freizeit auf der Couch vor dem Small Screen verbringe, dann lohnt sich dafür ein eigenes Blog. Ich gehörte schon immer zu denjenigen, die Fernsehen als legitimes Hobby betrachteten

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07 Februar 2007

Review: Close to home

Eigentlich wollte ich ja gar keinen Review zu der Serie schreiben, aber dann habe ich das Machwerk zu dieser Serie bei Quotenmeter.de gelesen, und alle guten Vorsätze waren dahin.

Close to home heißt eine weitere Serie, die dem mitlerweile beträchtlichen Serienimperium von Jerry Bruckheimer entstammt. Es geht um Ermittlungen und Gerichtsfälle der Staatsanwaltschaft der amerikanischen Millionenstadt Indianapolis - allerdings nicht um die Großsstadtkriminalität, sondern um das, was sich in den beschaulichen Vorstädten abspielt: Drogenhandel, Hausfrauenprostitution, Mord aus Eifersucht, Polygamie und häusliche Gewalt bilden den Hintergrund der Serie. Im Zentrum steht die junge Staatsanwältin Anabeth Chase, ihre Fälle, Kollegen und ihre junge Familie.

Hintergrund: Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis aus der Bruckheimerschmiede eine Serie kommen würde, die sich auf die intelligenten Frauen zwischen 25 und 50 als Zielpublikum stürzen würde (und die nicht so rührselig ist, wie Cold Case zeitweise wird). So wurde Close to home konzipiert. Es geht um die Endzwanzigerin Anabeth Chase, studierte Juristin und Staatsanwältin. Sie ist mit einem independent subcontractor verheiratet, dem Führer einer kleinen Baucrew - obere Mittelschicht also. Grade ist ihre erste Tochter Haley auf die Welt gekommen. Und das ist auch der springende Punkt des Piloten: Anabeth hat sich für die Familie entschieden, gegen die Karriere mit 60+ Wochenarbeitsstunden. Als sie nach ihrem kurzen Mutterschaftsurlaub in den Dienst zurückkehrt, ist ihre ehemalige Kollegin Maureen Scaufield ihr nun vorgesetzt.
Das Team wird vervollständigt vom stellvertretenden Staatsanwalt Sheriff, einem eher ruhigen und besonnen Vorgesetzten, dessen Charakter am besten dadurch gezeichnet wird, dass man ihn oft beim Mittagessen sitzend sieht, die Krawatte über eine Schulter geworfen - damit sie nicht im Essen landet.
Dazu kommt eine wechselnde Riege an wiederkehrenden Polizisten, die die jeweiligen Fälle bearbeiten. Insgesamt ist die Serie eher ruhig und unaufgeregt. Andrerseits geht es um die Verurteilung von Straftätern, und da kommt häufiger eine starke Law and Order-Mentalität durch (Gestehe, und wir nehmen die Todesstrafe vom Tisch ist eines der häufigsten Verhandlungsangebote).

Schauspieler und Kreative: Serienfans werden zwei Namen sofort ins Auge stechen: Jennifer Finnigan als Hauptdarstellerin Anabeth Chase und Christian Kane als ihr Ehemann Jack.
Finnigan durfte bei Crossing Jordan als Devan Maguire ein bisschen im Rampenlicht stehen, während man den schwangeren Bauch der Hauptdarstellerin Jill Hennesy ein bischen weniger ins Blicklicht rücken wollte. Ihr Charakter Maguire wurde dann ja auch - Crossing Jordan Style - per Flugzeugabsturz aus der Serie entfernt. Finnigan erhielt eine Rolle in einer kurzlebigen Serie (Comitted) um schließlich bei Close to home zu landen.
Christian Kane ist dem Serienjunkie natürlich durch seine Rolle als diabolischer Anwalt Lindsay McDonald aus Angel bekannt. Ehrlich gesagt war es meine Verbindung mit all things Buffy, die mich Close to home einschalten lies. Kane ist - nebenbei bemerkt - auch das männliche Eye-Candy der Serie (soweit ich das beurteilen kann).
Unter dem sich beständig abwechselnden Trio von Polizei-Detectives der Serie finden sich zwei (liebe) alte Bekannte: Troy Evans (Serienfans bekannt als der mürrische Empfangsschalter-Verwalter Frank bei Emergency Room) und Erich Anderson (einem vielbeschäftigten Gestdarsteller, der Vater von Felicity und der arg gebeutelte Billy Sidel in Die Besten Jahre - einer meiner ersten Lieblingsserien, wo er am Ende eine der Hauptfiguren heiratet).

Bewertung: Die Serie kann leider nicht halten, was die Pilotepisode verspricht. Bald landen die meisten Prämissen im Papierkorb, hat man den Eindruck. Recht schnell kommt es zu Fall der Woche Schema. Für Vielschichtigkeit bleibt nicht viel Platz. Dem fällt auch recht schnell der eigentliche Hauptcharakter Jack Chase zum Opfer, der sehr wenig screentime erhält. Statt dessen wird ein Anwalt der Verteidigung als väterlicher Freund für Anabeth eingeführt und aufgebaut. Aus dem junge Ehefrau und Mutter Frau in der Strafverfolgung wird schnell ein simpleres Frau in der Strafverfolgung. Auch die Tatsache, dass ihre Kollegin Maureen Anabeth eigentlich übergeordnet ist, wird im Verlauf der Serie schnell aus dem Fokus gerückt.
Trotzdem nutzt die Serie einige der Stärken ihrer Prämisse: es gibt ein breites Spektrum an Herangehensweisen an die Kriminalfälle. Mal geht es eher um die Aufklärung eines Verbrechens (etwa einer Entführung), mal um den eigentlichen Prozeß, dann wieder kommen privatere Themen in den Vordergrund. Hervorzuheben ist auch das ruhige Spiel der Hauptfiguren und ihr kollegiales Umgehen miteinander. Auch sind die Betroffenen der zentralen Kriminalfälle häufig gut gezeichnete Menschen wie Du und ich, die irgendwann vom Pfad der Tugend abgekommen sind. Und nicht vermisst werden auch die fehlenden markigen one-liner von Hauptfiguren, wie sie ein Horation Cane dutzendweise absondert.
Langer Rede, kurzer Sinn: wie anfangs gesagt entspreche ich ja auch nicht wirklich der Zielgruppe der Serie, daher sei es mir gestattet, keine ganz so hohe Bewertung abzugeben:
Close to home erhält von mir 9 von 15 Punkten.

Zweite Staffel: In einem Jahr, in dem der ausstrahlende Sender CBS fast alle seine Serien frühzeitig um ein weiteres Jahr verlängerte, blieb Close to home ein Problemkind. So kam es, dass die Serie zum Start der zweiten Staffel recht stark modifiziert wurde. Bis auf das Staatsanwälteteam Anabeth und Maureen Scoffield wurden alle Charaktere gekickt. Mit dem Publikumswirksamen David James Elliot
(eine Dekade lang Hauptdarsteller von J.A.G.) wurde ein dynamischer, karrierehungriger neuer Staatsanwalt eingeführt (der in Indianapolis Punkte für eine spätere politische Karriere in seiner Heimatstadt New York sammeln will). Ihm zur Seite steht ein etwas wieselhafter Karriereist, der häufig auch in die Ermittlungen involviert ist. Das Team bekommt einen festen Ermittler (dargestellt von Cress Williams - mir vor allem bekannt aus einer wiederkehrenden Rolle bei Emergency Room, wo er die AIDS-kranke Jeanie Boulet 'aus der Serie' heiratete). Die Fälle werden insgesamt hochprofilieger, der (optische) Stiel dynamischer (walk 'n talks en mass, dabei dann statt Innenaufnahmen in schlichten Konferenzräumen nun Kameraschwenks durch einen großen Empfangsraum, und statt dem Chef, der seine Krawatte zum Essen über die Schulter wirft, Geschäftsbesprechungen in einer weitläufigen Bar). insgesamt eine stromlinienförmige Anpassung, die zwar mehr Zuschauer ansprechen dürfte - aber eben für den echten Serienfan keine Verbesserung darstellt.


Bemerkungen: Verglichen mit anderen aktuellen Procedurals ist die Serie sicherlich mal was anderes: keine Hightech-Animationen, kein Soundtrack, keine aufwändigen Lusftaufnahmen als Location shots, nicht mal ein markantes Stielmittel, das für die Serie in irgend einer Weise charakteristisch wäre. Bodenständiges Drama (zumindest in der ersten Staffel) für eine gewisse Zielgruppe. Nicht mehr! Nicht weniger!

Close to home bei TV.com - in der IMDB - in der Wikipedia - in der englischen Wikipedia

[Momentan in Winamp: Mazzy Star - Into Dust]